Jäger dürfen auf Staatskosten lobbyieren

von VJBH Administrator

Die Sonderjagdinitiative wirft bereits ihre Schatten voraus. Die Jägerfraktion hat gestern zu einem Buffet eingeladen, um aktiv zu lobbyieren. Sie konnte dabei auch auf die finanzielle Unterstützung des Kantons zählen.

Von Stefan Bisculm

Chur. – Hirsch-Bündnerfleisch, Salsiz und Hirschwurst zur Vorspeise; Gämspfeffer, Hirschgeschnetzeltes und Steinbockvoressen als Hauptgericht. Die Einladung zum Jägerbuffet aus garantiert biologischer Fleischproduktion konnten und wollten gestern die wenigsten Grossräte ablehnen. Gastgeber waren die Grossratsjägerfraktion, der Bündner Kantonale Patentjäger-Verband und das Amt für Jagd und Fischerei Graubünden. Die Referenten aus diesen Reihen nutzten die Gelegenheit, um ganz allgemein für die Bündner Patentjagd mit seiner «ausgeklügelten Jagdplanung» Werbung zu machen und im Gegenzug die Sonderjagdinitiative, welche die Herbstjagd im November und Dezember verbieten will, zu kritisieren.

Kanton leistet finanziellen Beitrag

Unter der Gästeschar befand sich auch der parteilose Grossrat Renatus Casutt. Der Jäger aus Falera ist die treibende Kraft hinter der Sonderjagdinitiative. Da es gemäss dem Präsidenten der Grossratsjägerfraktion, Hannes Parpan, beim erstmals durchgeführten Jägerbuffet auch darum ging, im Hinblick auf die anstehenden Abstimmungskämpfe Lobbying zu betreiben, war es auch nicht weiter erstaunlich, dass Casutt gestern nicht zu den Referenten gehörte.

Heikel wird es erst dann, wenn sich der Kanton an einer solchen Lobbying-Veranstaltung finanziell beteiligt. Gemäss Georg Brosi, Leiter des Amts für Jagd und Fischerei, ist aber genau das der Fall. «Getragen wird der Anlass vom Bündner Kantonalen Patentjäger-Verband. Wir werden aber auch einen finanziellen Beitrag an den Kosten leisten», erklärte er auf Anfrage.

Casutt wollte sich zum finanziellen Engagement des Kantons für das delikate Jägerbuffet nicht direkt äussern. «Doch es zeigt schon gut auf, wie mit uns Sonderjagd-Kritikern umgegangen wird», befand Casutt. Lange hätten ihm die Verantwortlichen beim Kanton überhaupt kein Gehör geschenkt und sie hätten ihn auch nicht ernst genommen. Dies habe sich erst mit der Lancierung der Sonderjagdinitiative geändert.

Gegenvorschlag wird gefordert

Casutt und seinen Mitstreitern gelang es, über 10 000 Unterschriften für die Abschaffung der Sonderjagd zu sammeln. Den Befürwortern der Sonderjagd ist der Ernst der Lage mittlerweile klar geworden. Es mehren sich deshalb auch schon die Stimmen, die einen regierungsrätlichen Gegenvorschlag zur Initiative fordern. Wie Parpan auf Anfrage bestätigte, werden auch innerhalb der Grossratsjägerfraktion solche Überlegungen angestellt.

Bevor es zur Abstimmung kommt, wird die Bündner Regierung noch prüfen, ob die Sonderjagdinitiative nicht gegen das Bundesrecht verstösst. 1994 wurde eine ähnlich gelagerte Initiative vom Kantonsparlament für ungültig erklärt. Für den zuständigen Regierungsrat Mario Cavigelli hat sich das Zwei-Stufen-Konzept der Bündner Hochjagd bewährt. «Die Sonderjagdinitiative bedeutet einen Rückschritt.»

Datum: 23.10.2013
Quelle: Südostschweiz Ausgabe Graubünden

Zurück

Kommentare

Einen Kommentar schreiben