Zuviele tote Rehkitze im Prättigau
von Walter Vaterlaus
Helferliste soll Kitzen das Leben retten
Von Tatjana Jaun, Südostschweiz
Davos. – In den Jahren 2002 bis 2011 sind in der Schweiz jährlich zwischen 900 und 1600 Rehkitze in den Mähwerken landwirtschaftlicher Maschinen gestorben. Laut dem Schweizer Tierschutz ist nach dem Tod auf der Strasse das Mähen «die häufigste vermeidbare Todesursache» beim Reh. Trotz Einsatz neuer Suchmethoden sei kein rückläufiger Trend feststellbar, schreibt der Verein auf seiner Website. Der Hegeobmann der Jägersektion Prättigau, Peter Kobler, bestätigt diese Entwicklung. Bei durchschnittlich 70 bis 80 toten Tieren pro Jahr haben die Wildhüter im Prättigau in diesem Jahr bereits zwischen 80 und 90 tote Tiere zu beklagen. Die derzeitige Situation sei «extrem», so Kobler.
Ein Pikettplan soll dem Problem nun entgegenwirken. Auf diesem Plan finden Bauern laut Kobler unter anderem Telefonnummern von Personen, die kurzfristig für die Suche von Tieren aufgeboten werden können. Neben der Liste, die im nächsten Jahr zusammengestellt wird, soll es zudem ein Lager mit verschiedenem Material geben. Landwirte könnten von dort zum Beispiel Blinklampen holen, die dazu dienen, die Wiesen auszuleuchten.
«Eine traurige Gleichgültigkeit»
Für den Verein Wildtierschutz Schweiz in Davos reichen diese Massnahmen nicht aus. Laut Vereinspräsidentin Marion Theus braucht es ein Umdenken in den Köpfen der «schwarzen Schafe». «Es gibt leider Bauern, die nachlässiger geworden sind», kritisiert sie. Dass in diesem Jahr besonders viele Tiere Mähmaschinen zum Opfer gefallen sind, erklärt Theus mit dem Wetter. Durch die langen Regentage seien viele Bauern beim ersten Sonnenschein in ein «Ghetz» geraten und hätten einfach «drauflosgemäht». Das Wetter sei für die «frustrierende Situation» aber keine Entschuldigung. Theus appelliert an alle infrage kommenden Helfer – insbesondere an Jäger. «Bei 1200 Jägern im Prättigau sind es immer nur eine Handvoll und immer die gleichen, die helfen. Wo bleibt der grosse Rest der Jäger, die sich immer damit brüsten die grossen Heger und Naturschützer zu sein?», sagt Theus. Die Tierschützerin ortet bei den «schwarzen Schafen eine traurige Gleichgültigkeit».
Alle sind gefordert
Der Wildhüter des Bezirks Herrschaft-Prättigau, Heinz Guler, bestätigt, dass es in diesem Jahr «etwas mehr» tote Kitze gegeben hat, doch den Bauern Gleichgültigkeit vorzuwerfen, findet er falsch. Durch die lang anhaltende Schlechtwetterperiode sei der Mähzeitpunkt genau in jene Zeit gefallen, in welcher die Rehgeissen ihre Kitze in den noch ungemähten Wiesen setzen würden. «Es ist oft sehr schwierig, ein Kitz im hohen Gras zu finden und es zu retten.» Er kenne keinen Bauern, der ein Tier verletzt und danach nicht angerufen habe. «Es gibt sehr, sehr viele Bauern, die die Tiere retten.»
Um die Fallzahlen schweizweit zu minimieren, hat der Schweizer Tierschutz kürzlich ein überarbeitetes Merkblatt publiziert. Darin sind Präventivmassnahmen und Tipps für die Landwirte enthalten. Die Hauptverantwortung liegt in den Augen der Tierschutzorganisation nicht bei den Bauern. Für eine erfolgreiche Rehkitzrettung sei die Zusammenarbeit aller Interessengruppen unumgänglich, schreibt der Verein auf seiner Website. «Landwirte, Gemeinden, Jäger, Wildhüter, Natur- und Tierschutzvereine sind aufgerufen, ihre Massnahmen zur Rehkitzrettung zu koordinieren.»
Quelle: Südostschweiz Ausgabe Graubünden Ressort: Region, 26.6.2013
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Kommentar von Excinny |
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